Von 100 Ostereiern und Schlammwetter
So meine Lieben, es wird mal wieder Zeit fuer mich, zu schreiben...
Am Wochenende haben wir Ostern gefeiert. Dies
war wirklich anders für mich. Zu allererst war ich zweimal in der Kirche,
Karfreitag und Sonntag. In Deutschland war ich zu diesem Anlass lange nicht dort. Es hat mich zwar ein wenig Überwindung
gekostet, um halb sieben schon aufzustehen. Doch es hat mir wirklich gefallen.
Ich war mit Lola dort, Helena sitzt immer vorne, denn sie singt ja im Chor und
spielt Trompete (so wie ich jetzt übrigens auch, zumindest habe ich begonnen,
zu den täglichen Proben zu gehen und kann nun schon fast die Tonleiter
spielen,…) und am Freitag waren wir echt gerührt. Wir haben drei Chöre in der
Gemeinde Uuwo und als dann der „alte“ Chor und der der Jugendlichen zusammen
ein Lied anstimmten, bekamen Lola und ich richtig Gänsehaut. Am Sonntag nach
dem Gottesdienst habe ich bei der Versteigerung, die sozusagen zur Kollekte
dient, einen riesigen Kürbis ersteigert. Die anderen Gemeindemitglieder mussten
ziemlich schmunzeln und es ging ein Kichern durch die Runde draußen auf dem
Vorplatz der Kirche, doch ich war ziemlich stolz und ausgelassen. Anschließend
gab es ein langes und reiches Osterfrühstück bei uns zuhause, wir hatten sogar
bunte Eier. Helena und ich sind zu Superosterhasen mutiert. Nachdem eine Mama
am letzten Dienstag auf dem Markt in Mwika tatsächlich eine Vorbestellung für
Freitag von hundert Eiern entgegennahm, waren wir unheimlich motiviert. Denn am
Sonntag fand ein Kindertreffen in einer Gemeinde statt, die uns eher spontan
eingeladen hatten. Sie wollten wohl gern, dass wir Ostern in ihrer Gemeinde
verbringen. Also hatten wir beschlossen, ein paar Ostereier zu verstecken, was
sich dann doch als etwas größer gestaltete, denn färbe mal 50-100 Eier ein. Die
Farbe hatte meine Mutter mitgebracht, als sie im Februar mit meinem Bruder hier
war. Also, erster Schritt: 100 Eier kaufen. Wie schon gesagt, klappte dies sehr
gut, die Eier von Mwika hoch nach Uuwo zu transportieren übrigens auch. Helena
hat sich bereiterklärt, diese verantwortungsvolle Aufgabe auf sich zu nehmen
und Lola und ich trugen die restlichen Einkäufe (mit einem Piki, muss man dazu
sagen…). Anschließend ging es ans Kochen und Einfärben. Das haben wir in 5
Etappen erledigt, 20 Eier pro Etappe. Nach ein paar Stündchen hatten wir´s endlich
geschafft, inklusive 50 Naschitütchen mit einem Obama-Bleistift für jeden. Lola
und Timo haben fleißig mitgeholfen, auch wenn Timo sich den ein oder anderen
Bleistift oder Loli heimlich selbst einstecken wollte… Am Sonntag in der
Gemeinde konnten wir dann so richtig durchstarten, obwohl es doch etwas
gedauert hat bis unser Vorhaben vom perfekten Oster-Kindertreffen richtig ins
Rollen kam. Die Fieldworkerin war nicht sehr fit und musste sich im Schatten
ausruhen und dann war da noch der eine Evangelist. Als wir das letzte Mal in
dieser Gemeinde waren, trommelte der alle Grundschulkinder zusammen und holte
sie aus ihrer Pause, damit sie den Gästen schön was vorsingen konnten. Immer
mit einem Stock in der Hand. Er war mir wirklich sehr unangenehm und ich hatte
das Gefühl, die Kinder waren sehr verunsichert, wenn er dabei war. Jedenfalls
gab es erst mal Essen, Pilau. Pilau ist ein Reisgericht. der Reis wird mit
Gewürzen angerührt und es werden Fleischstücke dazugegeben. Dazu gibt es meist
Kohlgemüse oder eine Art Spinat, sehr beliebt bei den Kindern (FLEISCH!) und
typisch an Feiertagen. Unser lieber Evangelist beginnt. Er nimmt sich einen
Teller. „Evangelist, du fängst an. Zeig uns den Weg.“ Die Kinder sehr zögerlich
hinterher. Das hatte ich zuvor anders erlebt. Die Kinder zögern normalerweise
nicht sehr lang und freuen sich sehr aufs Essen. Der Evangelist setzt sich in
eine der hinteren Reihen zwischen ein paar Jungs, in einer Hand seinen Löffel,
in der anderen den Stock, mit dem er ununterbrochen an die vordere Bank
klackert. Lola, Helena und ich gucken uns an, kann das was werden heute?! Nach
dem Essen gehen wir los, um die Kinder mit ein paar coolen Spielen zu locken.
Dritter Abschlag, Sackhüpfen, Plumpsack usw.- das Standardprogramm. Aber es
ging ausgesprochen gut. Die Kinder und wie immer auch wir hatten unheimlichen
Spaß und konnten ausgelassen toben, spielen und rumalbern. Die Zeit verflog und
der Parishworker rief uns zurück in die Kirche, wo wir unsere Bibeleinheit
machen durften. Für Ostern hatten Helena und ich uns was Besonderes ausgedacht,
Lulu und Gilo. Das sind zwei Sockenpuppen, die wir am Donnerstagabend mitten
vor unserer Stammduka (kleiner Laden, wo man (fast) alles bekommt, was das Herz
begehrt und gleichzeitig eine Art Kneipe, wo sich die Bewohner aus Uuwo ab und
an oder auch mal öfter auf ein Bier/Soda treffen) gebastelt hatten. Mit Hilfe
der beiden haben wir dann die Ostergeschichte, vermutlich zum hundertsten Mal,
noch einmal aufgewärmt. Die Kinder waren etwas skeptisch und auch ein bisschen
überfordert, die Gemeindemitarbeiter fanden es vielleicht auch nicht christlich
genug, aber wenigstens Helena und ich hatten unseren Spaß. Doch das eigentliche
Highlight war die Eiersuche. Während Helena die Geschenketütchen austeilte,
rannten Lola und ich hinter die Kirche auf den Schulhof der anliegenden
Grundschule und versteckten 50 Eier im Gras und in den Hecken. Leider fing es
genau in diesem Moment an zu regnen, die Eierfarben verliefen ein wenig, doch
die Kinder schien der Regen überhaupt nicht zu stören und alle rannten (nach
anfänglicher Verwunderung und Missverständnisse) los, um ihr Ei zu finden. Was
für ein schönes Bild das war und es mag nun kitschig und überzogen klingen,
doch der Regenbogen in unseren Rücken leuchtete bunt vom Himmel.
Als wir dann müde und doch voll zufrieden und
mit ausgelassener Stimmung den Rückweg nach Hause antraten, mussten wir ganz
schön aufpassen, dass wir nicht im Schlamm versanken, denn zurzeit regnet es
jeden Tag bzw. jede Nacht. Als wir dann doch ausrutschfrei zuhause ankamen,
völlig durchnässt und erschöpft, erwartete uns schon unten am Hang der dicke
Bass, der aus unserem Wohnzimmer strömte. Ostern wird gefeiert! Also alle
Mädels hoch zu den Towos und Action! Es gab Pilau und Schokolade, Kuchen und
Marmelade, Avokado und Mango, Bier und Soda für alle. Bis zehn wurde gedanct,
doch dann war ich mit meiner Kraft am Ende und verkroch mich in mein Zimmer.
Fünf Minuten später fiel dann auch der Strom aus und die Feier war zu Ende. Ostern war schön.
Und wie schon geschrieben, hatte ich Besuch
aus Deutschland von meiner Mutter und meinem Bruder Friedrich. Am 26.2. kamen
die beiden um 3 oder 4 Uhr nachts/morgens am KIA, Kilimanjaro International
Airport an und wir verbrachten zweieinhalb Wochen im vertrauten Dreiergespann
hier bei mir zuhause in Uuwo, auf Sansibar und in Morogoro für die Safari im
Mikumi National Park, wo ich ja schon während des Sprachkurses meine erste
echte Safari unternommen hatte. Ich hatte mich unglaublich auf die beiden
gefreut und es war, auch ein bisschen zu meiner Erleichterung, wie immer. Ich
hatte das Gefühl, bei den beiden und auch bei mir hatte sich nichts verändert,
die Zeit bleibt stehen und ich kann nach Hause kommen und es ist alles beim
Alten. Vielleicht mag es gar nicht so sein, doch mir geht es so und das fühlt
sich ziemlich gut an.
Die erste Woche waren wir bei mir, die beiden
haben Helena und mich auf der Arbeit begleitet, was auch noch ein ziemliches
Trara gab. Als wir in einer Gemeinde also zu viert auftauchten, um die
Visitation im Ort zu machen, wurden wir alle das Gefühl nicht los, es wurde ein
bisschen mehr erwartet als sonst. Wir besuchten einen Kindergarten, wo wir uns verhältnismäßig
ziemlich lange aufhielten. Es wurde uns der Anbau gezeigt, der bald mal eine
Grundschule werden soll und die Kinder vorgeführt. „Wo wollt ihr denn mal hin,
wenn ihr groß seid?“ … „Deutschland!“ -na dann zeigt mal, was ihr drauf habt.
Nach dem Motto lief das ganze ab und wir fühlten uns schon etwas unwohl, denn
das hatten wir nun wirklich nicht beabsichtigt. Aber so konnten Mama Silke und
Friedrich doch einen ungefähren Einblick in unsere Arbeit gewinnen und ich
musste schon sehr schmunzeln, als meine Mutter ganz erschrocken feststellte,
wie viele, langen Strecken wir Tag für Tag zurücklegen. Obwohl ich gestehen muss, dass ich in letzter
Zeit etwas faul geworden bin und ich mich immer wieder dabei erwische, zum
Pikistand zu gehen, um nach oben kutschiert zu werden.
Nach einer knappen Woche in Uuwo habe ich mich
dann sehr auf die Ferien mit den beiden gefreut und sonntagsmorgens früh ging
es mit dem Bus nach Dar es Salam, wo wir im Hotel Kakerlaken zu Gast hatten und
mein Bruder und ich nicht so recht schlafen mochten. Am nächsten Morgen ging es
zur Fähre und rüber nach Sansibar, wo wir ein paar nette Tage in einem
abgelegenen Guesthouse ein paar Meter vom Strand verbrachten. Mit einem älteren
Paar aus Italien waren wir die einzigen Gäste und es war schon fast familiär.
Mein Bruder spielte ab und zu mit den Kindern am Strand Fußball, Mama und ich
gingen Muscheln sammeln und abends wurde gekocht und Stadt-Land-Fluss gespielt.
Mit Salehe, dem Mann, der das Häuschen betreute, war ich am ersten Abend im
anliegenden Dorf, seinem Zuhause. Und von da an ging ich jeden Abend dorthin,
um mit oder ohne Begleitung von Friedrich unsere abendliche Cola und die
heißbegehrten Glucose-Kekse zu kaufen. Es war eine sehr idyllische, friedliche
Zeit, die nur manchmal durch die Einkaufstage im Zentrum Stone Town
unterbrochen wurden. An sich ein schöner Ort, doch viel Getümmel und schwere
Luft. Es hat sehr oft geregnet und da es auf Sansibar sehr heiß ist, mussten
wir uns durch eine unglaubliche Schwüle durch die Gassen kämpfen.
Doch den größten Schrecken hatten wir auf dem
Rückweg in das Guesthouse mit unserem Taxifahrer. Man musste etwa eineinhalb
Stunden Strecke zurücklegen, um in die Stadt zu gelangen oder eben zurück und
so entschlossen wir uns für ein Taxi. Der Fahrer war eigentlich ganz nett und
sympathisch, doch als er dann auf der Tankstelle beim Zurücksetzen schon gegen
die Tanksäule knallte, waren wir etwas verunsichert. Doch kann ja mal
passieren, dachte ich. 15 km vor unserem Ziel verlor der Fahrer die Kontrolle
über seinen Wagen, als er einem dicken Truck ausweichen wollte. Wir flogen quer
über einen Hubbel ins Gebüsch. Es hätte wirklich nicht viel gefehlt und das
Auto hätte mit voller Wucht einen großen Baumstamm geknutscht. Nach dem großen
Schock und dem Gelaber der Leute und der Polizisten, die zur Krönung des Ganzen
noch 30.000 Shilling (ca. 15€) für sich unterschlagen haben, sind wir doch alle
sicher und vor allem heil zurück angekommen. In Zukunft schnalle ich mich an
und sitze lieber hinten…
Dann, nach unseren Tagen auf der Insel, in
Morogoro angekommen, wurden wir von einem Bekannten von mir am Busstand
abgeholt, der schon alles für uns organisiert hatte. Er brachte uns ins Hotel
und ich verbrachte den Abend mit ihm und ein paar anderen Bekanntschaften, die
ich beim Sprachkurs gemacht hatte. Am nächsten Morgen ging es in aller Frühe in
den Mikumi National Park, wo uns zwei Löwen anschielten und ein (mehr oder
wenig) kleines Elefantenbaby geboren wurde. Schon krass, dass so ein Elefant
zwanzig Monate schwanger ist und wir dann diesen einen Moment ganz für uns
allein miterleben durften… Neben Flusspferden, Giraffen und hübschen oder nicht
so netten Vögeln, wie den Aasgeiern, die auf etwas rumhackten, was ich nicht so
ganz zuordnen konnte, bekamen wir Affen, Warzenschweine (immer noch meine
persönlichen Lieblingstiere) und andere Bewohner des Nationalparks zu
sehen. Also ein voller Erfolg. Auch
meine beiden Lieben waren sehr angetan. Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass
wir das alles ganz bald zusammen erleben dürfen!
Den Rest der Zeit haben wir ganz gemütlich
zuhause verbracht, haben Helenas Geburtstag gefeiert und Timo bespaßt. Nun sind
die beiden auch schon wieder zurück in Deutschland, der Alltag hat auf beiden
Seiten eingesetzt und die Zeit rennt davon, sodass ich das Gefühl habe, schon
bald wieder auf dem Frankfurter Flughafen zu stehen. Ich freue mich sehr,
wieder nach Hause zu kommen, auf den Moment, wenn ich Mama und Friedrich am
Gate stehen sehe und wir uns wieder haben. Doch auch ist mir unwohl bei dem
Gedanken. Mir gefällt es hier momentan sehr gut und ich fühle mich richtig am
Platz, nicht mehr ganz so fremd. Ich hab meine Lücke gefunden, wo ich so
richtig gut reinpasse und habe Angst, das alles eines Tages zurückzulassen. Mir
wird zwar mulmig bei dem Gedanken, aber andererseits habe ich auch nicht allzu
viel Zeit, darüber nachzudenken. Denn auf der Arbeit haben wir zurzeit sehr
viel zu tun und hängen auch schon ein bisschen hinterher. Wär hätte das
gedacht? Anfangs habe ich mich so überflüssig gefühlt, was manchmal auch immer
noch so ist, doch wir können nun mehr von uns aus einbringen, da die Sprache
sitzt und wir unser Aufgabenfeld besser definieren können. Ab Mai beginnen wir
mit den Schülerseminaren für Secondary-Schüler und arbeiten die Waisentreffen
immer weiter aus, sodass die Berichte, auf die wir uns zu Beginn gestützt hatten,
weil es das Einzige war, was wir so richtig machen konnten, seit einem Monat
nicht geschrieben wurden. Aber auch dafür haben wir Kraft und Motivation, denn
nebenbei gönnt man sich immer noch eine Kleinigkeit, wie zum Beispiel einen
Schwimmtag im YMCA, einem Jugendhostel in Moshi, wo es einen Pool gibt. Helena
und ich haben da nämlich eigentlich eine ganze Liste, die wir noch abarbeiten
wollen, wie eine Stunde Getränke und Süßigkeiten oder Erdnüsse und Zigaretten
in Himo am Busstand verkaufen oder Pikifahren lernen. Alltägliche Jobs, die man
echt mal für sich ausprobieren kann :)
Meine Stimmung ist ausgelassen und ich erfreue
mich am Leben und an Tansania, am Kilimanjaro, jedes Mal, wenn er hinter den
Wolken hervortritt und die Sonne ihn anleuchtet und Lola und ich mal morgens in
Moshi unterwegs sind, an der Ecke einen Kaffee trinken und Mandazi essen.
Ich hoffe, ihr hattet ein schönes Ostern und
die Zehen brechen euch nicht ab, wenn ihr raus müsst, um dem Alltag
nachzugehen!
Viele Grüße, eure Wiebke
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Tauziehen, wobei uns die Kids wirklich abziehen |
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Jeder ist willkommen, auch der nette Opi da |
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Und die Suche kann beginnen! |
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Gilo und Lulu |
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Osterparty-die Moves sitzen |
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Sansibar |