Freitag, 19. April 2013



Von Teststreifen, Gurken und 240 Kondomen

Die Zeit rast und die bevorstehenden Seminare für Secondary-Schüler rücken immer näher. Helena und ich sind in den letzten zwei Wochen voll in die Vorbereitung eingestiegen und haben für das HIV-/Aids-Seminar etliche Krankenhäuser und Dispensaries besucht, um mit den Schwestern und Doktoren über das Thema zu sprechen. Kann ich mich testen lassen? Muss ich dafür bezahlen, wenn ja, wie viel? Wie geht es weiter, wenn ich weiß, dass ich positiv bin? Etc. Das ging erstaunlich gut. Wir wurden echt ernst genommen und bekamen genügend Informationen, die wir für die Seminare verwenden können.

Bei der Gelegenheit haben wir uns auch gleich mal selbst testen lassen im Marangu Hospital. Ich war dann schon etwas nervös. Zum ersten, weil mir in meinem ganzen Leben noch nie Blut abgenommen wurde und ich die größten Horrorvorstellungen davon hatte. Zum zweiten musste ich mich dann doch mit dem Gedanken befassen, was wäre, wenn?! Ich war mir zwar sicher, dass ich nicht infiziert sein kann, aber doch kribbelte es überall und mir wurde leicht übel. Aber was ist das denn, wenn wir den Schülern ans Herz legen, sich unbedingt testen zu lassen, weil es einfach unheimlich wichtig ist, seinen Status zu kennen, damit man andere nicht ansteckt und ich es selbst noch nie über mich ergehen lassen habe?! Also auf zum Testen! Zu allererst bekamen wir eine Beratung und uns wurden etliche Fragen gestellt, so wie: Nehmt ihr Drogen? Seid ihr schwanger? Habt ihr einen Freund? Habt ihr regelmäßig Sex? Benutzt ihr Kondome? Etc. Anschließend ging es in den Testraum. Ein kleiner Piks, das war´s schon. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Meine Vorstellung von riesigen Nadeln und einem Liter Blut, das aus mir herausgesaugt wird, wurden nicht bestätigt… Das kleine Tröpfchen wird auf den unteren Rand des Teststreifens getropft und dann heißt es fünf Minuten warten. Jedenfalls war ich dann doch unglaublich erleichtert, als die Prozedur beendet war und ich offiziell negativ aus dem Marangu Hospital marschieren konnte.
Anschließend ging es zum Duka la dawa (Apotheke), wo wir die erste Bestellung von 240 Kondomen aufgaben, die nun auch schon in Helenas Zimmer stehen und darauf warten, in den Secondary-Schools über Gurken gestülpt zu werden. Wir möchten, dass jeder Schüler es einmal ausprobiert. Natürlich können wir das nicht von jedem erwarten, denn die Hemmschwelle ist groß und generell ist Sexualität ein großes Tabuthema, über das niemand spricht, vor allem, weil die tansanische Gesellschaft ja schon sehr religiös geprägt ist. Sex vor der Ehe? Geht gar nicht! Aber wir werden es versuchen, denn es ist schon etwas anderes, wenn wir das vorne einmal vormachen und alle nur zusehen, als wenn jeder selbst mal ran darf. Diese Möglichkeit möchten wir den Schülern bieten und hoffen natürlich, dass es angenommen wird.
Ansonsten haben wir neulich ein Zentrum für HIV-Infizierte und Aidskranke in Moshi entdeckt. Das ist soooo klasse! Es gibt etliche Beratungsstellen, Jugendarbeit, Seminare und jede Menge Material, von dem wir auch einiges mitnehmen durften für unsere Arbeit an den Secondary-Schools. Unter anderem einige Exemplare der Zeitschrift „Fema“, eine tansanische Jugendzeitschrift, in der Themen wie Sexualität und HIV/Aids, Umweltschutz, Freizeit, Musik usw. angesprochen werden. Unsere liebe Glory hat sich gleich mal ein paar Zeitschriften geschnappt und sie verschlungen. Scheinen ganz gut anzukommen! Auf jeden Fall wollen wir in jeder Schule (wir gehen in acht Secondary-Schools für die Seminare) einen kleinen Infotisch aufbauen, sodass die Schüler frei über das Infomaterial verfügen und sich in den Pausen belesen können. Neben den Zeitschriften haben wir Flyer, Poster und, und, und im Repertoire dank „Kiwakkuki“, dem Infozentrum in Moshi. Für unseren Vortrag an sich arbeitet Helena gerade an einer Powerpoint-Präsentation, wofür ich ihr sehr, sehr dankbar bin. (Das konnte ich noch nie ausstehen!) Ansonsten werden fleißig Briefe an Schulleiter und Pastoren geschrieben, damit wir dann auch ganz offiziell in die jeweiligen Schulen gehen können. Die Vorlage für das Seminar haben wir von Lea und Johanna, den ersten Freiwilligen unseres Projekts, die das damals ausgearbeitet haben. (Danke euch!) Ein Thema wird „Alkohol und Drogen im Zusammenhang mit HIV/Aids“ sein, dafür arbeiten Lola und ihre Schüler aus der Drama AG der Kiumako Secondary School in Uuwo gerade an Beispielfilmen, die wir dann in unserer Präsentation den Schülern unserer Gemeinden zeigen dürfen. Ich bin so froh, dass es diese Zusammenarbeit nun gibt. Die Schüler sind voll dabei und freuen sich, nun einen richtigen Auftrag zu haben und Helena und ich sind froh, dass wir uns nicht hinstellen müssen, um den Schülern anhand einer kleinen Szene die Folgen von Drogen- und Alkoholkonsum aufzuzeigen. So wird das dann alles viel authentischer auf die Schüler wirken und wir haben Spaß bei der Vorbereitung auf die szenische Darstellung. Ich war die letzten zwei Male mit dabei und habe den Schülern erklärt, was wir vorhaben und ob sie nicht Lust hätten, diese Filme zu drehen. Die Begeisterung ist riesig und ich kann kaum auf die Ergebnisse warten!
Die Seminare können losgehen und wir sind voller Vorfreude!
Eure Wiebke



Der kleine Piks und dann war's das schon

Helenas und mein Teststreifen (mit meinem neuen Spitznamen Vipi)

Ein bisschen Spass dabei muss auch mal sein!



240 Kondome und das war noch laengst nicht alles

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